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Feiern mit Freunden

31.12.2009    Von Ahmed El-Salamouny Interview in Akustik Gitarre 2/10

Eos Guitar Quartet -  Die Luft ist dünn in der Königsdisziplin des Musizierens mit vier Gitarren. Es gibt zwar viele Ensembles, doch nur wenige wie das L.A. Guitar Quartet, die Los Romeros oder eben diese vier Eidgenossen, Ensembles, die höchste internationale Anerkennung erreichen. Nun feiern die Schweizer mit einem ungewöhnlichen CD-Konzept ihr 20-jähriges Bühnenjubiläum.

Beim letzten Gespräch vor fünf Jahren steckten die Schweizer gerade in den Vorbereitungen zu einem Flamenco-Projekt mit der spanischen Sängerin Carmen Linares. Parallel baten sie 21 Stars der internationalen Musikszene anlässlich ihres 20-jährigen Bestehens um eine exklusive Komposition. Die Namen der Gastkomponisten lassen keinen Zweifel zu: wenn John McLaughlin und Paco de Lucía sich für so ein Projekt begeistern lassen, muss man einiges vorweisen können. Das Quartett, das sich den Namen der griechischen Göttin der Morgenröte gab, gehört dann auch zu den Etabliertesten seiner Art: vier studierte Musiker, denen auch Rock und Jazz nicht fremd sind und die den Dialog mit fremden Kulturen suchen. 1985 fanden die Vier zusammen, nachdem sie an den Konservatorien in Bern, Zürich und Basel ihr Solistendiplom erworben hatten. Seither spielen sie auf den wichtigsten Gitarrenfestivals von Madrid bis Moskau: Michael Winkler, Martin Pirktl, David Sautter und Marcel Ege, der auch der Gesprächspartner dieses Interviews ist.

Marcel, euer Jubiläum zieht sich nun schon einige Zeit hin. Das hat sicher mit eurem CD-Projekt zu tun, das nun endlich erschienen ist?
Marcel Ege: Ja, unsere Idee war, 21 Musiker, die wir zum Teil kannten oder kennen lernen wollten, um eine Komposition für unsere CD ,20+‘ zu bitten. Sérgio Assad, dem wir schon auf verschiedenen Festivals begegnet sind, lachte, als er von dem Vorschlag hörte: ja, er würde uns den Gefallen gern tun. Auch Leo Brouwer oder Michel Camilo haben sofort zugesagt. Das war natürlich ein langwieriger Prozess, all die Leute zu kontaktieren.

Wie muss man sich das vorstellen? Kann man einfach so John McLaughlin anrufen und ihn um ein Stück bitten?
So einfach geht das natürlich nicht. Bei McLaughlin lief das über das Management. Wir haben einen Brief und eine CD geschickt, ziemlich schnell kam eine Zusage, und einige Zeit später war das Stück da. Aber manchmal hat es auch nicht geklappt. Bei Pat Metheny blockte bereits das Management ab. Ich glaube, wenn wir mit ihm direkt hätten reden können, hätten wir eine Chance gehabt. Aber man kann natürlich verstehen, dass einiges  von ihm fern gehalten wird.

Das ist doch sicher ein teurer Spaß, Kompositionen bei solchen Berühmtheiten in Auftrag zu geben?
Wir haben allen den gleichen, symbolischen Betrag angeboten. Alle waren damit einverstanden, niemand hat mehr oder weniger erhalten. Symbolisch meint natürlich nicht einen Euro, aber es war bezahlbar.

Gab es von eurer Seite Vorgaben für die Kompositionen?
Die thematische Inspiration sollte Eos, die Göttin der Morgenröte, oder ihr mythologisches Umfeld sein. Wir haben allen natürlich die Geschichte von Eos geschickt, und jeder hat dann einen entsprechenden Beitrag geliefert. Máximo Diego Pujol schrieb über eine Morgenröte in Buenos Aires, während Sérgio Assad die Sonne über dem brasilianischen Dschungel aufgehen lässt.

Kann, bei so unterschiedlichen Musikern, so eine CD auf den Zuhörer nicht etwas unhomogen wirken?
Das Spannende ist ja gerade die Unterschiedlichkeit der Ergebnisse. Manchmal gefiel uns etwas nicht auf Anhieb, oder wir verstanden es nicht gleich, aber mittlerweile sind wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Jeder von uns Vieren hat andere Präferenzen, und genau so wird es auch bei unseren Zuhörern sein. Aber das ist ja bei fast jedem Projekt so.

Mut habt ihr ja auch schon bei der CD ,Quadra‘ bewiesen, die zeitgenössische Komponisten vorstellte. Auf ,20+‘ habt ihr Fred Frith und Mike Stern dabei. Seht ihr euch selbst der Avantgarde zugehörig?
Nein, sicher nicht. Wir möchten Musik spielen, die uns gefällt. Das können moderne Kompositionen sein, an die wir aber auch einen klanglichen Anspruch haben, genauso wie die Musik von Andreas Vollenweider oder von Alexander Vinitsky, die wir einfach sehr schön finden. Mike Stern gilt zwar als Avantgarde-Rock-Gitarrist, aber seine Musik klingt wirklich gut. Er hatte uns eine fast rudimentäre Partitur geschickt und war sich wohl nicht sicher, ob wir alles verstünden. Irgendwann hat er mich aus New York angerufen und fast eine Stunde lang sein Werk erklärt, haarklein. Am Ende spielten wir die einzelnen Stimmen am Telefon, beide mit einer Gitarre in der Hand.

Gibt es noch andere nette Geschichten?
Paco de Lucia, den ich persönlich kannte, lehnte es kategorisch ab, etwas zu komponieren. Er schreibe nie für andere Leute und überhaupt – drei Minuten Musik, das koste ihn ein Leben! Schließlich einigten wir uns, dass wir ein Stück unserer Wahl, in diesem Fall ,Cositas Buenas‘, arrangieren durften. Ähnlich war es mit Egberto Gismonti. Drei Minuten für ein Stück, das war ihm zu wenig. Schließlich erstellte er uns ein Arrangement seines Stückes ,Karaté‘. Oder Ralph Towner: Er meinte, er habe die Liste der Kollegen gesehen, die mitmachen und es freue ihn sehr, dabei zu sein. Für ihn sei es wie bei einem Casting zu einem großen Film gewesen. Auch Roland Dyens überraschte uns. Er rief uns an und meinte, es käme ihm nichts in den Sinn, es würde wohl nichts werden. Am nächsten Tag erhielten wir eine fertige Partitur! Ich kann generell sagen, dass die Gespräche mit den verschiedenen Künstlern alle sehr schön waren. Von Starallüren keine Spur.

Auf eurer Webseite waren für das Jahr 2009 nur 13 Konzerttermine angekündigt. Habt ihr euch rar gemacht?
Waren es nur 13? Ehrlich gesagt, Arbeit hatten wir in diesem Jahr genug. Die Produktion von ,20+‘ war sehr aufwändig. Wir haben im Juli aufgenommen und dann eine Pause eingelegt. Außerdem unterrichten wir alle, was uns enormen Spaß macht.

Auf eurer Website steht, dass es einen Gönnerverein gibt.
Ja, der besteht aus etwa 100 Mitgliedern. Für spezielle Projekte wie diese CD oder auch das Flamenco-Projekt mit Carmen Linares dürfen wir mit der Unterstützung dieses Vereins rechnen.

Mit Carmen Linares seid ja schon einige Male aufgetreten.
Ja, zuletzt in Cádiz. Wir haben ,El amor brujo‘ sowie die ,Siete canciones‘ von Manuel de Falla und Lieder von Garcia Lorca aufgeführt. Die CD zum Programm war gerade in Planung, die Flüge nach Madrid gebucht, da passierte etwas ganz Unglaubliches: Die Erben der Werke Manuel de Fallas verboten uns, weiter diese Lieder zu spielen. Es gab keine Begründung und keine Diskussion, also mussten wir das Projekt absagen. Inzwischen hat Carmen Linares jemanden aus der Familie kennen gelernt und wir hoffen, dass wir noch eine Chance haben.

Es gibt Videos auf YouTube von euch, da sieht man noch vier Spanierinnen zwischen euch tanzen…
Deswegen spielen wir neuerdings alles auswendig, damit wir ihnen zuschauen können! (schmunzelt) Das Schwierigste ist dabei weniger, die Konzentration zu behalten als die Choreographie. Wir wechseln zwischen den Stücken ständig unsere Positionen. Deswegen mussten wir die Gitarren mit drahtlosen Shure WL 50-Mikrofonen verstärken, die wir ins Schallloch klemmen.

Wie verstärkt ihr sonst, und welche Gitarren spielt ihr?    
Wir benutzen Shure SM 81 Mikrofone, in kleineren Sälen verstärken wir mit Amps von Schertler. David spielt eine Masaki Sakurai, eine Benno Wittmer und als Flamencogitarre eine Juan López Aguilarte. Martin hat eine Daniel Friederich und ebenfalls eine Wittmer. Michael spielt eine Thomas Eichert und eine Ricardo Sanchis Carpio, ich selbst eine Daniel Friederich und eine Manuel Reyes Flamenco-Gitarre.

Ist Flamenco eine Leidenschaft von euch?
Das ist hauptsächlich mein Hobby. Ich war viel in Spanien und habe mich intensiv mit dieser Musik beschäftigt. Es ist natürlich schwer,  sich in eine fremde Musikkultur einzufühlen, es macht aber auch viel Spaß. Vor kurzem war ich in Brasilien auf einer Art Bildungsurlaub. Es ist fantastisch, wie lebendig die Szene dort ist und welche Inspirationen man da bekommen kann. Ich finde es wichtig, vielfältige Einflüsse aufzunehmen. Es kommt allerdings darauf an, ein stringentes Projekt zu entwickeln und sich nicht zu verzetteln.

Es gibt zunehmend Gitarren-Ensembles und Quartette, im Amateur- wie im Profibereich. Was erachtest du als wichtig für ein gutes Ensemble?
Man muss das Zuhören kultivieren und die Stimmen der anderen sehr gut kennen. Man sollte in der Lage sein, beim Spielen immer zu hören, was um einen herum passiert. Die eigene Stimme muss hundertprozentig sitzen, ich finde es daher angenehmer, nicht mehr vom Blatt zu spielen. Für ,20+‘ war das eine ungeheure Arbeit, alles zu memorieren. Ich habe mich oft nur mit den Noten beschäftigt, ohne Gitarre, und daraus eine Art mentales Training gemacht. Wir verteilen auch die Aufgaben immer wieder neu. Jeder bekommt einmal die Melodiestimme. Außerdem haben wir keinen Leitwolf, sondern besprechen alles zusammen. Auch da kommt es auf das Zuhören an. Mittlerweile sind wir wie ein altes Ehepaar. Aber kleine Reibereien sind gut, denn durch Auseinandersetzungen entsteht Produktivität.

Wie sind eure Zukunftspläne?
Wir möchten ein ,Tribute To Frank Zappa‘ aufnehmen. Als Konzertprogramm haben wir das schon oft gespielt, da benutzen wir sowohl elektrische als auch akustische Gitarren. Zappa war ein großer Fan von Strawinsky, und so werden da auch Arrangements von Strawinsky erscheinen. Das Programm ist teilweise ganz schön schwer, manchmal müssen wir so schnell spielen, dass wir auch auf den akustischen Gitarren ein Plektrum verwenden. Leo Brouwer hat angefragt, ob wir sein Stück ‚Gismontiana‘ für vier Gitarren und Orchester aufführen möchten; ein weiteres Projekt ist das Gitarrenfestival in Winterthur 2011, bei dem wir die künstlerische Leitung übernehmen.

Vielen Dank für das Gespräch.



AKTUELLE PRODUKTION
Eos Guitar Quartet: 20+ (2009, eos guitar edition)
Eine mutige CD, ohne Zweifel. Können 21 unterschiedliche Komponisten ein stimmiges Konzept ergeben? Der Plan geht auf, das Konzept funktioniert. Und sogar mehr als das: Dieses Album präsentiert einen Überblick der zeitgenössischen Musik für Gitarre, auf höchstmöglichem Niveau komponiert und interpretiert. Experimentelles wechselt mit wunderschönen lyrischen Melodien, Hochvirtuoses mit zart getupften, tonlich perfekt gespielten Passagen. Gerade durch die abwechslungsreiche Programmgestaltung wird man in einen Sog des Hörens gezogen. Das Eos Guitar Quartet beweist eindrucksvoll, dass es in allen Stilen, ob Flamenco, Jazz, Rock  oder Avantgarde zu Hause ist; zudem faszinieren diese vier Musiker mit stimmigem Zusammenspiel, Virtuosität, Leidenschaft und Perfektion. Fazit: ein Meilenstein.
Ahmed El-Salamouny

DISKOGRAFIE
Eos Guitar Quartet (1992, eos guitar edition)
Danza Ritual (1995, eos guitar edition)
Piazzolla, 4 Seasons, 4 Guitars (2000, DIVOX Records)
Quadra (2002, Deutsche Grammophon/Universal)
20+ (2009, eos guitar edition)


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